Im Jahr 2002 hat das Geologische Institut der Universität Innsbruck unter der Führung der Universitätsprofessoren Dr.Rainer Brandner (Innsbruck) und Dr.Leopold Krystyn (Wien) eine Exkursion in den Oman durchgeführt. Da kommt bei vielen sicher die Frage auf, warum gerade in den Oman? Dafür gibt es mehrere Gründe: im Oman ist der größte und am besten erhaltene Ophiolit auf der ganzen Erde aufgeschlossen; durch das weitgehende Fehlen von Vegetation und der schwachen Erosion auf Grund des trockenen Klimas ist der Blick auf die geologischen Verhältnisse nahezu ungehindert. Geologisch vorgebildete Leser verweise ich gleich auf einen sehr guten und ausführlichen Artikel unter folgender Webadresse:
2 Ausführliche Berichte über geologische Exkursionen der Universität Göttingen in den Oman aus den Jahren 2013 und 2015 findest du hier:
Exkursion der Universität Göttingen 2013
Exkursion der Universität Göttingen 2015
Für diejenigen Leser, die über die rein geologischen Aspekte dieses schönen Landes hinaus auch allgemeinere Informationen haben möchten, empfehle ich folgenden Link:
Reiseziel Oman, für Geologen ein absoluter Traum
Für den geologisch zwar interessierten Leser, der aber keine geologische Ausbildung hat (bis auf Grundkenntnisse über die Plattentektonik und Subduktion) werde ich hier eine stark vereinfachte Darstellung der geotektonischen Vorgänge, die zur Obduktion (= Heraushebung) des Semail-Ophiolits geführt haben, wiedergeben. Zuallererst: was ist ein Ophiolit? Das ist ganz einfach ozeanische Lithosphäre, deren oberster Teil die Erdkruste ist, die unter dem Ozean liegt. Und jetzt die nächste Frage: wie kann es sein, dass ozeanische Erdkruste in einem Gebirge, das 1000 und mehr Meter hoch ist, wiederzufinden ist? Fangen wir bei Bild 1 an:
Im unteren Perm (vor ~ 280 Millionen Jahren, Ma) hat es den Superkontinent Pangea gegeben und die Paleotethys, ein riesiger Ozean, hat in etwa in seinem westlichen Teil die im Bild dargestellte Lage eingenommen. Zu dieser Zeit hat der eingezeichnete Riftingvorgang begonnen, d.h. am östlichen Plattenrand von Godwana (das ist jener südliche Teil von Pangea, der sich später von Laurentia abtrennen wird) hat sich ein Mikrokontinent abgetrennt (Cimmeria). Man nennt so etwas einen Riftvorgang. Dieser Mikrokontinent ist immer weiter nach NE abgedriftet und hat ein Meeresbecken hinter sich gelassen. Das Becken ist nicht durch Seafloor-Spreading entstanden, sondern durch Dehnungstektonik und Verdünnung der Lithosphäre. Seafloor-Spreading nennt man jenen Vorgang, bei dem am Ozeanboden durch Risse in der Lithosphäre Mantelmaterial aufsteigt, einen Riftrücken bildet und durch Spreizung neuer Ozeanboden entsteht. In der Unteren Trias (Bild 2) ist der Cimmeria-Mikrokontinent weiter abgedriftet, die Paleotethys wird immer kleiner. Rund 150 Ma dauert es, bis der Mikrokontinent, der inzwischen auch wieder in mehrere Teile zerbricht, an die Euro-asiatische Kontinentalplatte andocken wird und dem heute der Iran, Afganistan, Anatolien etc. zuzuordnen sind.
Wir wollen uns aber jetzt wieder jenen Entwicklungen zuwenden, die für die Geologie des Oman ausschlaggebend sind. Natürlich gibt es bei so komplizierten geologischen Entwicklungen wie im Tethys-Bereich verschiedene Theorien und Interpretationen der verfügbaren Daten. Besonders anerkannt sind Arbeiten von G.M.Stampfli und Michard; von Letzterem übernehme ich hier nach Vereinfachung einige erläuternde Skizzen.
Dass bei diesen Überschiebungen der Kontinentalrand subsidiert (nach unten gedrückt wird) ist einleuchtend (Bild 3). In Bild 4 sind wieder 10 Millionen Jahre vergangen, der Ophiolit-Komplex und die darunter liegende Decke (bzw. Decken) schieben sich bereits über den Afro-Arabischen Kontinentalrand und drücken diesen nach unten (Flexur). Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Decken alle noch weit unter dem Meeresspiegel liegen. Man könnte sagen, der Meeresboden bewegt sich in Richtung Kontinent und überschiebt dessen Rand.
Im Mittleren Jura (ca. 170 Ma) beginnt sich Godwana von Laurentia mit der Öffnung des Zentral-Atlantik zu trennen Die Afrikanische-Arabische-Platte beginnt nach Osten zu driften und zusätzlich leicht entgegen des Uhrzeigersinnes zu rotieren. In der Neotethys kommt es zu einer Kompressionstektonik. Die dünne Kruste bricht auseinander, Vulkanismus setzt ein, es entsteht ein Mittelozeanischer Rücken. Neuer Ozeanboden bildet sich, der Somail Ophiolith.
Der alte Ozeanboden mit seinen während der Trias bis in die Kreide abgelagerten Sedimentdecken (darunter riesige Karbonatplattformen) kommen unter Kompressionsstress (Siehe Bild 3). Die ozeanische Lithosphäre bricht an einer Schwachstelle nahe dem Afro-Arabischen Kontinentalrand auseinander. Der Semail-Ophiolit schiebt die vor ihm liegende Decke vor sich her,diese zerbricht an alten Störungen, überschiebt andere Decken und wird dann ihrerseits vom Semail-Ophiolit überschoben (Bild 4).
In den Bildern 5 und 6 schreitet die Überschiebung noch weiter fort, aber inzwischen hat eine neue Veränderung eingesetzt: der Kontinentalrand mit seinen aufliegenden Decken beginnt sich ungefähr dort zu heben, wo sich die heutigen Oman-Berge erheben.
Mit dem Auftauchen der obersten Decke aus dem Meer beginnt die Erosion, der Ophiolit zerbricht unter Einfluss der Gravitation und gleitet nach Süd-West bzw. Nord-Ost ab (Bild 6). Durch das zurückbleibende geologische Fenster können wir heute den Deckenaufbau beobachten und die geologische Entwicklung über hunderte von Millionen Jahren rekonstruieren. Wenn man sich zum Beispiel durch das Wadi Bani Kharus von Norden nach Süden in den Jabal Akhdar bewegt, so begegnet man Gesteins-Formationen der Kreide bis zum Karbon. Wie ist das möglich ? Dazu eine kleine Skizze: Die Gesteinsdecken liegen hier nicht horizontal sondern fallen
nach Nord-Osten ein. Wenn der Wanderer sich horizontal bewegt, durchschreitet er zuerst die oberste jüngste und zuletzt die unterste älteste Decke. Wird durch Sedimentation auf den in Bild 7 dargestellten Deckenstapel eine neue Decke gebildet, so hat man es in der Kontaktebene mit einer klassischen Diskordanz zu tun. An dieser Stelle beende ich die kurze Einführung über die Geologie des Oman Ophioliten und verweise für eine ausführlichere Darstellung und Besprechung auf das am Beginn dieser Seite angeführte pdf-Dokument.
Im Wadi Bani Kharus ist die Supersequenz A des Autochthons fast vollständig aufgeschlossen: Es handelt sich dabei um die auf dem Grundgebirge vor der breakup-unconformity (M-Perm) abgelagerten Sedimente. Da die Formationen (Fm) nach NE einfallen durchquert man, wenn man taleinwärts fährt, die Formationen von den Jüngsten hin zu den Ältesten. Über den Jabal Akhdar verläuft die große Antiklinale. Wie weiter oben erläutert begegnet man entlang des Wadi Bani Kharus und seiner Nebenwadis nach Süden fortschreitend verschiedene Formationen beginnend mit den Jüngsten (Kreide) bis hin zu den Pre-Permischen: Man kann im Wadi Bani Kharus ungefähr 3 km der Karbonate der Kreide und des Perm sehen, die auf dem Kontinental-Schelf in jener Zeit abgelagert worden sind, in der der Tethys-Ozean Arabien überflutet hatte. Im Wadi ist außerdem eine klassische Winkeldiskordanz (angular unconformity) zwischen den permischen und den kretazischen Karbonaten zu beobachten, wobei es eine Zeitlücke von 300 Millionen Jahren gibt.
Circa 1 Km vom Awabi Fort wurde das Bild 10 aufgenommen:
Die Shams-Formation (Fm) im Hangenden (einst ein Riff im Ozean) besteht aus dick gebankten, grauen Karbonaten die fossilreich und reich an Rudisten sind. Die darunter liegende Salil-Formation besteht aus dünn gebankten Karbonaten, Mergeln und Schiefern.
Nach ca. 9,5 Km erreicht man im Wadi eine Stelle, an der die Winkeldiskordanz zwischen der subhorizontalen Saiq-Formation des Mittleren Perms (270 Ma) und der darunter liegenden, nach N einfallenden prepermischen Kharus-Fm (600Ma) herrlich aufgeschlossen ist. An dieser Diskordanz besteht eine Zeitlücke von 300 Ma.
Die Gesteine der Kharus-Fm waren über dem Meeresspiegel gelegen und der Erosion für 300 Millionen Jahre ausgesetzt, bevor sie vom Tethys Ozean überflutet wurden. Sie blieben 190 Ma unter dem Meeresspiegel und in dieser Zeit bildete sich ein 3 Km dicker Sediment-Stapel.
Unser nächstes Ziel ist der Wadi Hajir, ein Nebental des Wadi Bani Kharus.
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